16 December, 2020
Nils Heide

Patente in der Entwicklung von KI-Technologien – Stimulierung oder Blockierung?

Patente in der KI Entwicklung Hero Image

(Shutterstock/Gorodenkoff)

Online Event, Di. 12. Januar 2021 - 17:00 Uhr

Die Folien des Vortrags können Sie hier downloaden.

Internationale Patentstreitigkeiten zu „Connected Car“ - Technologien sowie die breite Diskussion zur Qualifizierung der KI als „Erfinder“ liefern beispielhaft Belege dafür, dass Fragen des geistigen Eigentums auch den sich dynamisch entwickelnden KI Bereich erfasst haben. In der Rechtswissenschaft und Innovationsforschung findet der Patentschutz seine Legitimierung insbesondere in dem Belohnungscharakter für die Förderung der technologischen Entwicklung durch die Offenbarung einer Erfindung. Der Patentschutz erlaubt die Preisgabe technologischer Entwicklungen ohne Verlust des Schutzes für den Erfinder und ermöglicht insoweit den wissenschaftlichen Diskurs und Weiterentwicklungen.

Gleichzeitig ermöglicht der Patentschutz durch die Absicherung der Rechte an Neuentwicklungen Kooperations- und Lizenzmodelle zur Bündelung von Entwicklungsanstrengungen. Dies gilt insbesondere für die KI-Querschnittstechnologien, in welchen KI-Methoden für verschiedene Applikationen eingesetzt werden. Diesen Vorteilen des Patentschutzes, welche Entwicklungsfortschritte im KI-Bereich stimulieren, stehen jedoch auch Risiken gegenüber. So begründet der Patentschutz Verbietungsrechte und die Akteure im KI-Bereich sehen sich mit möglichen Patentverletzungsansprüchen und daraus resultierenden Haftungsrisiken konfrontiert. Ein Blick auf die Patentierungspraxis zeigt, dass eine enorm steigende Anzahl von Patentanmeldungen sowohl in Bezug auf KI Techniken (maschinelles Lernen etc.) als auch hinsichtlich funktionaler Mittel (Sprachverarbeitung, visuelle Erfassung etc.) und KI-Anwendungen zu beobachten ist. Nach einer Studie der World Intellectual Property Organization (WIPO) aus dem Jahr 2019 lässt sich allein für den Bereich der maschinellen Lerntechniken eine jährliche Wachstumsrate von 175 % ermitteln, die deutlich oberhalb der durchschnittlichen Wachstumsrate für Patentanmeldungen in anderen Technologiebereich liegt.

Internationale Patentstreitigkeiten zu “Connected Car” - Technologien sind neben der Diskussion zur Qualifizierung der KI als “Erfinder” ein weiteres Beispiel für die dynamische Entwicklung bei Fragen des geistigen Eigentums. (Shutterstock/ZinetroN)

Internationale Patentstreitigkeiten zu “Connected Car” - Technologien sind neben der Diskussion zur Qualifizierung der KI als “Erfinder” ein weiteres Beispiel für die dynamische Entwicklung bei Fragen des geistigen Eigentums. (Shutterstock/ZinetroN)

Im internationalen Wettlauf hinsichtlich KI-Patentanmeldungen liegt das US-Patentamt noch knapp vor dem chinesischen Patentamt, jedoch lässt sich gerade in China ein starker Anstieg von KI-bezogenen Patentanmeldungen feststellen, der häufig jedoch auf China begrenzt ist. Nicht selten werden solche KI-Patente zur Etablierung von Lizenzmodellen genutzt, jedoch lässt sich auch eine stetig steigende Anzahl von aktiven Patentdurchsetzungen ermitteln, die auf eine Monopolisierung von KI-Anwendungen zielen. Da sich noch keine gefestigte Entscheidungspraxis zur Patentierung von KI-Technologien und zur Bestimmung der Reichweite des Patentschutzes etabliert hat, entstehen Rechtsunsicherheiten, die von den Patentämtern und Gerichten nur langsam aufgelöst werden. Auch zu Unrecht erteilte Patente oder ein unberechtigt erhobener Verletzungsvorwurf können verhaltenslenkend auf KI-Entwickler oder KI-Anwender wirken, da der Angriff die Schutzfähigkeit oder die Verteidigung gegenüber Verletzungsansprüchen mit Prognose- und Kostenrisiken verbunden sind, welche nicht nur Startups von vielversprechenden Entwicklungen abhalten können.

Die Bestimmung eines Maßstabes für die Gewährung eines Patentschutzes für KI-Technologien hat diese Vor- und Nachteile auszubalancieren. Die intensive Diskussion zu Softwarepatenten und zu Open Source-Modellen in der Vergangenheit liefert hierfür Anknüpfungspunkte, die nutzbar gemacht werden können, jedoch ergeben sich im KI-Bereich auch spezifische Besonderheiten, die eine einfache Projizierung in der Vergangenheit etablierter Grundsätze ausschließen. Die Patentämter in Europa, den USA, Japan, China und anderen Ländern versuchen aktuell durch Richtlinien für die Erteilungspraxis Maßgaben zum Patentschutz für KI Technologie zu etablieren. Solche Bemühungen werden jedoch nicht verhindern, dass es in diesem wirtschaftlich überaus relevanten Markt in Zukunft eine Vielzahl von Patentkonflikte geben wird, welche sowohl die Akteure in der Wissenschaft als auch in der Wirtschaft berühren werden. Die Aufgabe in den nächsten Jahren liegt insoweit darin, einerseits die stimulierende Funktion des Patentrechts zu erhalten und andererseits Innovationshürden durch Patentrisiken zu verhindern.

Einen Vortrag am IAAI zu diesem Thema wird sich im Einzelnen mit der Patentierungspraxis befassen und mögliche praktische Konfliktfelder sowohl in der wirtschaftlichen Verwertung als auch in der wissenschaftlichen Forschung identifizieren. Weiterhin wird der Vortrag mögliche Kooperationsmodelle im Bereich der KI-Entwicklung behandeln. Der Vortrag soll auch einen Anstoß für ein neues Forschungsprojekt am IAAI bilden.

Online Event, Di. 12. Januar 2021 - 17:00 Uhr